SOMMELIER DU PARFUM Blog
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Die Zauberei der Flanker

Man nimmt das Gleiche und fängt neu an. Warum beharren Marken darauf, aus Altem Neues zu machen?

Geändert am
May 13th 2022

Von
Samuel Fillon

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“Summer Limited Edition”, “La Cologne”, “Voile de parfum”... Jedes Jahr ist es dieselbe Leier an den Bushaltestellen in Frankreich und Navarra: Es ist die Veröffentlichung des neuen Parfums dieser oder jener Marke. Nur dass es sich in Wirklichkeit nur um die Abwandlung eines bestehenden Parfums, eines sogenannten Flankers, handelt. Warum sollte man sich also die Mühe machen, ein "neues" Parfum neu zu machen, wenn es stark von einem Parfum inspiriert oder abgekupfert ist, das mehrere Jahre zuvor herausgekommen ist?

Die Neuheit als Umsatzträger

Das Zauberrezept der Parfümvermarkter ist die Neuheit. Da wir uns in Produktwelten bewegen, in denen das Neue auch besser (Smartphones, Fernseher) oder modischer (Kleidung, Musik) ist, sagt uns unsere Intuition, dass etwas, das neu ist, auch besser sein muss.

Aus olfaktorischer Sicht gibt es jedoch keine Rechtfertigung dafür. Es gibt zwar Moden bei Parfums, aber sie folgen nicht denselben Regeln. Bei Parfums wird die Zeit in Jahrzehnten gemessen, während sie in der Elektronik in Wochen gemessen wird, und auch wenn das Design der Flakons kürzeren Zyklen unterliegen kann, übernehmen die Flanker auf jeden Fall die gleichen Regeln wie das Original!

Das klassische Schema für jede Einführung eines Damenparfums ist also, typischerweise 4-5 Monate vor Weihnachten, im ersten Jahr das Eau de Parfum, im nächsten Jahr das Eau de Toilette, dann die Intense-Version und dann jedes Jahr ein Flanker, der den Verkauf der Säule sowie des Flankers - eventuell in limitierter Auflage - immer wieder ankurbeln wird.

Ein Vorwand, um Abwechslung zu bringen.

Einen Flanker zu kreieren ist nicht unbedingt einfach, aber im Allgemeinen ist es eine Stilübung, der sich Parfümeure gerne hingeben. Es geht darum, den Geist des Originals zu übernehmen, aber einen anderen Blickwinkel einzubringen und den Duft olfaktorisch in eine neue Richtung zu lenken. Das ist der zweite Trumpf des Flankers, nämlich alternative Rezepte zum Originalduft anzubieten, um ein Publikum anzusprechen, das sich in der ersten Kreation nicht wiederfindet. Außerdem können die Marken durch die Vervielfältigung der Flanker mehr Platz in den Verkaufsstellen einnehmen, ohne die Aufmerksamkeit der Verbraucher mit Düften aus allzu unterschiedlichen Welten abzulenken.

Kurz gesagt, die Fülle an Flankern kann uns gefallen oder missfallen, aber eines ist sicher: Sie trägt dazu bei, dass man in der Parfümerie nicht mehr weiß, wo man hinschauen soll, und verschlechtert aufgrund ihrer kalten Marktlogik das Luxusimage, das die Parfümerie einmal besessen haben mag.